Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft | |
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dabey vorbehalten, und ich kam wenige Tage nach der Einnahme von Paris daselbst an.
Hier hatte sich jedoch schon alles geändert. Gruner fand Schwierigkeiten, sein Gouvernement zu erhalten, und wollte sich nicht unter den neu-ernannten Armeeminister Hrn. von Altenstein stellen lassen. Er kam nicht in Thätigkeit und wurde später mit einer Art von Policei-Direction über Paris abgefertigt. Ich wurde also Hrn. von Altenstein abgetreten, aber mit mir noch manche Andere, und Gruner, der immer eine Menge Gesindels um sich hatte, war eben nicht der Mann, dessen Wahl Zutrauen einflösste. So war ich mehrere Monate in Paris, ohne zu wissen, was aus mir werden sollte, und mehreremale versucht, auf meinen hiesigen Posten zurückzukehren. Die Vorsehung wendete es anders und besser. Hr. von Altenstein fasste Zutrauen, ja selbst Neigung zu mir, und ich trat unter ihm als Gen.-Gouv.-Commissär in Function. Darüber war aber so viel Zeit vergangen, dass der Frieden herbeikam, ehe ich noch recht meines Postens mich bemächtigt hatte. Indess war geschehen, was die Umstände erlaubten, und man war zufrieden mit mir. Ich hatte durch diese Excursion das Bedeutendste an Menschen und Dingen in der Nähe gesehen und selbst meinem Prinzen, der damals in Paris war, einige Dienste leisten können. Der Hauptgewinn aber war, wie die Zukunft erwiesen, die Bekanntschaft mit Hrn. von Altenstein gewesen.
Ich kehrte nach dem Frieden wieder auf meine hiesige Stelle zurück, hielt mich stille und meldete mich bei den angefangenen Organisationsarbeiten dieser neuen Preuss. Provinzen zu nichts. Ich verlies mich vollkommen auf den guten Ruf meiner Verwaltung. In diesem Vertrauen fand ich mich aber bald getäuscht. In die Organisations-Arbeiten traten schnell ganz fremde Männer ein, welche das Beamten-Personal nicht kannten und mit den grössten Vorurtheilen gegen dasselbe erfüllt waren. Sie waren nicht ganz ohne gute Gründe, denn 1814 waren fast alle bedeutende Stellen neu besetzt worden und im Durchschnitt die grössten Missgriffe dabey geschehen[1]. Unter meinen Collegen waren die meisten recht eigentliche enfants perdus; es war kein Wunder, dass ich, als Ausländer, mit ihnen in die nämliche Classe geworfen wurde und ihr Schicksal theilte.
Plötzlich (Mai 1816) trat die neue Verwaltung ins Leben, und
- ↑ Im April 1814 sah sich der Generalgouvernements-Commissar genöthigt, in einem Circular den Kreisdirectoren eine scharfe Rüge wegen ihrer nachlässigen Verwaltung zu ertheilen. Niederrh. Annalen XIII/XIV, S. 205.
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 453. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_453.jpg&oldid=- (Version vom 7.9.2022)