Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft | |
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Mit diesen Worten war die Situation Preussens deutlich gekennzeichnet. Friedrich wünschte sehnlichst den Frieden; denn welchen Vortheil konnte er sich von einer Fortsetzung des Krieges versprechen? Das Verhalten der russischen Kaiserin ihm gegenüber war zum mindesten ein zweifelhaftes, dasjenige Englands ein „unwürdiges, perfides“; denn der Nachfolger Pitt’s, John Stuart Bute[WS 1], schloss mit Frankreich einen Separatfrieden, näherte sich dem Wiener Hofe und intriguirte eifrig in Petersburg gegen den preussischen König, der somit „neue Zerwürfnisse mit Russland befürchten musste“. Der preussische Staat glich Ende 1762 einem Mann – so sagt Friedrich in seinen Memoiren –, „der, mit Wunden bedeckt, vom Blutverlust geschwächt, nahe daran ist, dem Uebermass seiner Leiden zu erliegen“. Fast allein hatte er die Kriegslast getragen; um so dringender bedurfte er der Ruhe. Völlig isolirt, von seinen englischen Alliirten treulos verlassen, ohne auf die Hilfe einer europäischen Macht zählen zu können, stand er beim Abschluss des Hubertusburger Friedens (15. Februar 1763) da[1].
Aber diese kritische Situation war nicht von langer Dauer. Denn Friedrich der Grosse verhehlte sich nicht, dass er sich an eine Macht näher anschliessen müsse, um eine sichere Gewähr für den Fortbestand des Friedens zu erhalten. Ein Staat zweiten Ranges, wie z. B. Schweden, konnte hierbei für ihn um so weniger in Betracht kommen, als er die ganze Nichtigkeit und Erbärmlichkeit der dortigen Parteiwirthschaft im Verlaufe des siebenjährigen Krieges zur Genüge kennen gelernt. Unter den europäischen Grossmächten aber war die Wahl nicht schwer. England hatte durch seine „schamlose Infamie“ für immer die Sympathien Preussens sich verscherzt, Oesterreich eine direct entgegengesetzte Interessensphäre, während an eine Annäherung an Frankreich, wenigstens während des Regimes des Herzogs von Choiseul, kaum gedacht werden konnte. Friedrich sah sich mithin geradezu auf eine Allianz mit Russland hingewiesen, wo er auch bald ein freundliches Entgegenkommen fand; und zwar
- ↑ Oeuvres de Frédéric le Grand V, 159; 219; 221. VI, 4 u. 5. Friedrich hebt V, 158 besonders die „infamie“ Bute’s hervor, weil „des actions infâmes doivent être peintes dans l’histoire avec les traits difformes et affreux qui leur conviennent“.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ John Stuart, 3. Earl of Bute, britischer Premierminister 1762–63.
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 433. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_433.jpg&oldid=- (Version vom 7.9.2022)