Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft | |
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Nahen eines russischen Hilfscorps zwang (18. Juni 1758) die Preussen zur Aufhebung der Blokade.
Die schwedischen Feldzüge 1758–62 boten ein klägliches Schauspiel von Zerfahrenheit und Unkenntniss der elementarsten militärischen Erfordernisse. Die schwedische Armee, noch unter Karl XII. der Schrecken von ganz Europa, war zu einer Zielscheibe des Spottes geworden. Voll treffender Ironie bezeichnete eine französische Denkschrift aus dem Jahre 1760 als die einzige Thätigkeit des schwedischen Heeres, „von Stralsund bis an die Peene und von der Peene nach Stralsund zu marschiren“[1]. Zwar fehlte es nicht an Männern, die sich den grossen Feldherren aus der Zeit Gustav Adolf’s würdig an die Seite stellen lassen und in der Geschichte Schwedens den ihnen gebührenden Ruhmesplatz einnehmen[2]; aber was vermochten sie, die Einzelnen, gegen den Krebsschaden, an welchem Armee, Staat und Gesellschaft in Schweden krankten?
Im Juni 1757 hatte Höpken geschrieben: „Wenn der Krieg uns zum Glücke ausschlägt, wird der Senat dadurch gewinnen; ist er aber von schlechtem Erfolge begleitet, was wird alsdann das Resultat sein? – Der Umsturz der inneren Verfassung und des französischen Systems“[3][WS 1]! Wie prophetisch diese Worte gewesen, sollte sich zur Genüge erweisen, als am 15. October 1760 der neue Reichstag in Stockholm zusammentrat. Das schwedische Volk war 1757 in seiner Majorität friedliebend gewesen und nur widerwillig in den Kampf gegen den preussischen König gezogen[4], dessen Schicksal man allenthalben in Schweden mit regem Antheil verfolgte. Die Hoffnung der Regierungspartei, durch glänzende Siege im Auslande die Opposition im Inlande zum Schweigen zu bringen, war an der Kühnheit der Bellingschen
- ↑ Vergl. Arneth, Geschichte Maria Theresia’s. Wien, 1875. VI, 198.
- ↑ z. B. Lantingshausen. Nicht genug kann bei dieser Gelegenheit auf den trefflichen Aufsatz des schwed. Akademikers Malmström über Lantingshausen hingewiesen werden: in Svenska Akademiens Handlingar LXII, 85 ff. Stockh. 1886.
- ↑ „Mémoire rélativement à la guerre d’Allemagne de 1756 etc.“ Archiv des Grafen A. Lewenhaupt. Sjöholm.
- ↑ Mémoire etc. (s. oben): „Le peuple de Stockholm et de la campagne où je vis, est prévenu pour le Roi de Prusse et considère sa cause comme celle de Dieu et de la religion… Le penchant de la nation va vers le repos.“
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Anm. d. Korr.: Der häufig wiederkehrende Begriff „System“ scheint in diesem Artikel im Hobbes’schen Sinne zu verstehen sein: politisch agierende Gruppe, Interessengemeinschaft. Am Schwedischen Hof stehen sich vor allem gegenüber das „Französische“ und „Russische System“.
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 421. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_421.jpg&oldid=- (Version vom 7.9.2022)