Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft | |
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liess. Ein scharfes Licht fällt auf die Tendenz des Chronisten aber erst, wo er von dem Ausbleiben der Volksmassen am Tage der Translation unter Abt Lambert spricht[1]. War er es doch auch, der zuerst den Hasteriensern grössere Freiheiten gestattete. Er erscheint darum dem Chronisten der Urheber alles Uebels, welches über Waulsort hereinbrach. „Quid plura?“ ruft dieser, „tribus ab eo demptis nobis praecipuis et congruis honoribus nobis non profuit, et nostris Hasteriensibus in his periculum suarum animarum inicians multum obfuit“. In seinem leidenschaftlichen Ingrimm behauptet er sogar, das Volk habe „praecepto illius“, d. h. des Abtes Lambert, die alte Sitte verlassen, „obedire detrectans precepto decretoque Romanae ecclesiae et domini apostolici atque statuta illius contempnens a die illo usque nunc per iter inobedientiae graditur“. Wir wundern uns, hier etwas von einem päpstlichen Decret über das Eloquiusfest zu hören, wovon oben nichts bemerkt ist. Was kam es aber dem Chronisten darauf an, den Gegnern auch noch die Verletzung päpstlicher Vorschriften vorzuwerfen, wenn er ihre Schuld in den Augen der Leser zu erhöhen im Stande war?
So sind wir denn durch eine Analyse der Darstellung, welche die Hist. Walc. von den Anfängen der Abtei gibt, zu der Ueberzeugung gelangt, dass wir es mit einem Tendenzwerk der schlimmsten Sorte zu thun haben, das fast durchweg auf gefälschten Quellen beruht. Seit Robert mit der Vita des wenig bekannten Abtes Forannan die Grundlagen zu dem Fabelgebäude gelegt hatte, wurde mit der Herstellung der unechten Urkunden Stein auf Stein zusammengetragen, bis vom Chronisten schliesslich der Aufbau und die Verkittung des herbeigeschafften Materials erfolgen konnte[2]. Natürlich kam durch die lange und
- ↑ Hist. Walc. c. 53.
- ↑ Hier scheint es am Platze, auf die oben erwähnte, aber bei Seite gelassene Urkunde des Grafen von Namur vom 2. Juni 946 zurückzukommen. Dieselbe hat mit den besprochenen Fälschungen nichts zu thun. Sehr charakteristisch ist, dass hier der Abt von Waulsort nur: „venerabilis abbas Forondanus“ heisst, nicht Bischof. Ferner wird hier der hl. Eloquius ganz richtig in Waulsort schon erwähnt, während die vita Forannani und die Hist. Walc., wie bekannt, die Uebertragung unrichtiger Weise erst unter Benedict VII. erfolgen lassen. Die Namensform Forondanus trägt ebenfalls einen älteren Charakter. Diese Thatsachen, sowie die Uebereinstimmung der Daten, erwecken ein entschieden günstiges Vorurtheil für das Document.
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 380. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_380.jpg&oldid=- (Version vom 2.12.2022)