Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft | |
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über. Die Ghibellinen blieben in der Minorität, sie schienen in dem Kampfe gegen die Uebermacht ihrer Gegner erliegen zu sollen. Dass dies gleichwohl nicht geschah, hatten sie weniger ihrer eigenen Tüchtigkeit zuzuschreiben, als vielmehr dem Umstande, dass die im Siegen begriffene guelfische Partei sich im entscheidenden Moment plötzlich aller Führer beraubt sah; denn Guido della Torre wurde noch im Jahre 1311 durch eine plötzliche Krankheit hinweggerafft, Guilelmo de’ Calvalcabò fiel im Kampfe, Filippone di Langosco gerieth in die Gefangenschaft und Giberto da Corrigia warf sich, unfähig, die Leitung der guelfischen Partei zu übernehmen, blindlings in die Arme Robert’s von Neapel.
So hing also die definitive Gestaltung auch der lombardischen Verhältnisse von dem Ausfall des grossen Entscheidungskampfes ab, dem alles mehr und mehr zudrängte. Die Frage, ob der deutsche oder der neapolitanische Einfluss in Italien der massgebende sein sollte, schien allein noch von Wichtigkeit.
Bekanntlich ist es Heinrich nicht vergönnt gewesen, diesen Kampf auszufechten; auch wäre die Entscheidung schwerlich in dem Sinne, wie Heinrich es wünschte, erfolgt. Die Idee des universalen Kaiserthums, die sich so oft schon als ein Phantom erwiesen, hatte aufgehört die Völker zu begeistern. Erfolge, welche in dieser Richtung errungen wurden, konnten kaum noch eine ephemere Bedeutung haben. Wo die realen Machtgrundlagen fehlten, war an ein Gelingen so hochfliegender Pläne, wie sie Heinrich beseelten, nicht ernstlich zu denken.
War demnach dieser Römerzug ein verfehltes und von vornherein aussichtsloses Unternehmen, welches nur dazu diente, die vorhandenen Gegensätze noch heftiger aufflammen zu lassen, so darf man andererseits doch auch nicht verkennen, dass Heinrich’s Romzug, im weltgeschichtlichen Zusammenhange betrachtet, keineswegs bedeutungslos, theilweise vielmehr von sehr weittragenden Folgen begleitet gewesen ist. Dem Eingreifen des Luxemburgers vor Allem verdankten es die Savoyer, dass sie der Uebermacht des Hauses Anjou nicht erlagen, sondern im Laufe der Zeiten zu der Grossmachtsstellung emporsteigen konnten, welche es ihnen ermöglichte, das von andern so vielfach vergebens erstrebte Ziel, die Einigung Italiens, ins Auge zu fassen und glücklich zu vollbringen. Ebenso haben auch die Geschlechter der
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_147.jpg&oldid=- (Version vom 23.11.2022)