Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft | |
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Ghibellinen zum Ausrücken bereit – aber er erhielt rechtzeitig genug von dem Herannahen der deutschen Reiter Kunde, um die zum Kampfe Gerüsteten im Innern des Hauses zu verbergen. So ritten denn die deutschen Späher in der Meinung, dass hier alles wohl in Ordnung sei, nach kurzem Aufenthalt zu den Vasta Torriana weiter. Hier sah es freilich ganz anders aus, und alsbald erhob sich ein heftiges Kampfesgetümmel. Die della Torre, obwohl mit den Rüstungen noch lange nicht fertig, denn es war früh am Tage, warfen sich mit Ungestüm auf die deutschen Reiter und schlugen diese, da die Schaar ja nur klein war, in die Flucht[1]. Dann liessen sie eiligst die Porta Comana schliessen, wodurch sie die draussen befindlichen Truppen Herzog Leopold’s von Oesterreich absperrten, und riefen die Bürger zu den Waffen. „Tod den Deutschen“, hallte es bald auf den Strassen und öffentlichen Plätzen wieder. Zahlreiche Parteigänger der della Torre riefen, man habe sich geeinigt, Galeazzo Visconti und Franceschino della Torre ständen in dem Torrianischen Stadtviertel bereit, um in gemeinsamem Kampfe die Deutschen aus der Stadt zu treiben. Wilde Aufregung bemächtigte sich in Folge dessen der Bürgerschaft und jeder eilte zu den Waffen. Dennoch rührte sich die Mehrzahl der Bürger nicht aus ihren Stadtvierteln heraus, denn besonders die Ghibellinen fühlten sich dadurch befremdet, dass der ganze Lärm allein von den Guelfen ausging und Angehörige der viscontischen Partei nirgends unter den Schreiern zu erblicken waren[2].
Der ganze Aufstand beschränkte sich daher sehr bald auf die Vasta Torriana. Hier fiel auch die Entscheidung: der Generalvicar Graf Amadeus, welcher vom Könige mit der Leitung des Kampfes betraut war, hatte nämlich nicht sobald von dem
- ↑ Diese Notiz entnehme ich aus Ferreto v. Vicenza (Murat. IX, 1061). Derselbe bringt über den Mailänder Aufruhr originale und durchaus nicht in allen Punkten unglaubwürdige Nachrichten. Vergl. W. Friedensburg (Forschungen zur deutschen Geschichte XXIII, p. 59). Das Factum scheint mir auch durch Alb. Mussato 343 seine Bestätigung zu finden. Dass die deutsche Reiterschaar nicht sofort zum König zurückkehrte, ist überdies schon desshalb wahrscheinlich, weil dieser anderenfalls wohl nicht den Haftbefehl gegen Matteo Visconti erlassen hätte.
- ↑ Dies geht aus dem eingehenden Bericht des Joh. de Cermenate 1243–44 aufs klarste hervor.
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_106.jpg&oldid=- (Version vom 22.11.2022)