Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft | |
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aus. Nicht nur die Volksgemeinde (il popolo), sondern das ganze Staatswesen identificirte sich dergestalt mit der guelfischen Partei, dass man alle Ghibellinen von der Wahl zu irgend einem Staatsamte (officium) in der Stadt und Grafschaft ausschloss. Auch zum Vorstande irgend einer Zunft konnte kein Ghibelline gewählt werden. Wer einen solchen zu wählen wagte, und ebenso jeder Ghibelline, der etwa eine Wahl annahm, wurde hart bestraft. Wenn eine derartige Bestimmung in das Gemeindestatut des Podestà aufgenommen wurde, wie aus der Urkunde vom 12. Februar 1278 hervorgeht[1], so stand sie sicher und erst ganz selbstverständlich im Statut des Volks, des Capitanos. In die Statuten der Zünfte, die uns freilich erst aus späterer Zeit erhalten sind, hat sie gewiss damals auch schon Aufnahme gefunden[2]. Den Abschluss dieser Entwicklung bildet die Vereinigung der Würde des Hauptmanns (capitano) der guelfischen Partei mit der des Volkshauptmanns der ganzen Stadt, die sich in diesen Jahren vollzog. Das Jahrzehnt von 1269 bis 1277 bildet den Höhepunkt der guelfisch-angiovinischen Entwicklung der Stadt. Brunetto Latini, Rathsschreiber der Stadt – notarius necnon scriba consiliorum comunis Florentiae – und ein zu diplomatischen Sendungen gebrauchter Gelehrter, welcher sein Hauptwerk nicht etwa in lateinischer oder italienischer, sondern in französischer Sprache abfasste, kann als der literarische Repräsentant dieser Epoche[3] gelten. Ich glaube auch nicht zu irren,
- ↑ Giornale stor. degli Arch. Tosc. III, 170.
- ↑ Leider sind uns die ältesten Statuten der Comune und des Popolo nicht in ihrer ursprünglichen Fassung und Ordnung erhalten. Sie aus der sogenannten castrensischen Ausgabe mit Hilfe der Statuten von Pistoja und gelegentlicher Citate wiederherzustellen, wäre eine schwierige, aber auch lohnende Aufgabe, an der sich ein junger Historiker versuchen könnte. Auch die ältesten Zunftstatuten besitzen wir nicht mehr. Eine gute Ausgabe der ältesten erreichbaren Fassung der Statuten der Arte di Calimala hat uns kürzlich G. Filippi geliefert. Das Statut ist von 1301. In ihm ist der Ausschluss der Ghibellinen (Lib. IV, 2) jedenfalls schon aus älterer Zeit.
- ↑ Ich weiss wohl, dass die Livres dou Trésor von B. L. noch in Frankreich geschrieben wurden, aber doch auch in französischer Sprache „por ce que la parleure est plus delitable e plus commune à toutes gens“. G. Villani (VIII, 10) rühmt von B. L., dass er „der Anfänger und Meister gewesen sei im Zustutzen (digrossare) der Florentiner und sie geschickt gemacht habe zum guten Sprechen, sowie auch darin, den Staat nach der
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_065.jpg&oldid=- (Version vom 3.11.2022)