Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft | |
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den Inquisitoren einräumen, sind sehr weit gesteckte; sie dürfen zeitweilige oder ewige Kerkerstrafen verhängen, die Angeklagten foltern, gegen Widerspenstige mit den schärfsten kirchlichen Strafen einschreiten.
Es ist eine bedeutsame Thatsache, dass die uns über die Thätigkeit der genannten Inquisitoren erhaltenen Nachrichten abermals ausschliesslich den südlichsten Theil von Böhmen, das an Baiern, Ober- und Niederösterreich und Deutsch-Mähren angrenzende Dreieck, betreffen. So richtet Erzbischof Arnest an den Pfarrklerus des Bechiner Archidiakonats – dasselbe, das südlichste der zehn Archidiakonate des Erzbisthums, umfasste gerade den eben genannten Bezirk – in einer Formel seiner Cancellaria die Mittheilung, dass der Inquisitor Swatibor in Kürze im Archidiakonate erscheinen werde, um daselbst, was sich als höchst nothwendig herausgestellt, seines Amtes zu walten; er solle, über die ihm von dem Bischof gewährten Diäten hinaus, seitens der Geistlichkeit mit Geldbeiträgen unterstützt und in Ausübung seines Amtes möglichst gefördert werden[1]. Noch bestimmter wird das Feld der Thätigkeit Swatibor’s in einer zweiten Formel bezeichnet, die ihm, in Verhinderung des Johann von Padua, die Vollmacht überträgt, auch allein die Inquisitionsprocesse im Diatricte von Pisek durchzuführen[2]. Dass es sich hier, unweit der deutschen Sprachgrenze – unter der Bevölkerung der Stadt Pisek war zu jener Zeit wie in allen anderen freien königlichen Städten Böhmens wohl das deutsche Element noch stark vertreten – um die Verfolgung einer seit Langem eingewurzelten und sich von Geschlecht zu Geschlecht fortpflanzenden Ketzerei handelte, scheint aus einer Stelle der Acten des Prager Consistoriums von 1381 hervorzugehen; es heisst dort, der Priester Johl von Pisek könne nicht ordinirt werden, weil sowohl sein Vater als sein Grossvater als Ketzer verurtheilt worden seien[3].
- ↑ Cancellaria Arnesti S. 549. Als die zehn Archidiakonate, in welche im 14. Jahrhundert die Erzdiöcese Prag getheilt war, führt Tomek (Gesch. der Stadt Prag I, 84) auf: Prag, Kaurim, Bechin, Bischof-Teynitz, Pilsen, Saaz, Bilin, Leitmeritz, Bunzlau und Königgrätz.
- ↑ Cancellaria Arnesti S. 340.
- ↑ Ebenda S. 340 Anm. Als königliche Stadt neben Pilsen, Klattau, Taus, Mies u. s. w. wird Pisek u. a. in einem Privileg von 1337 genannt (Emler, Regesta IV, 183). Ein „Seidil von Piesk“ erscheint um 1338 mehrfach als Schöffe der (deutschen) Prager Altstadt in Urkunden (Emler IV, 202,
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 319. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_319.jpg&oldid=- (Version vom 17.11.2022)