Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft | |
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wieder zu erkennen vermögen. Die letzte Consequenz aus diesem Anklagesystem hat man bekanntlich im 15. Jahrhundert in den romanischen Ländern gezogen, wo „Vauderie“ geradezu der technische Ausdruck für die Anklage auf Zauberei und Teufelsbuhlschaft geworden ist.
Die Angabe des Inquisitionsberichts von 1315, dass die in Ober- und Niederösterreich verfolgte Secte auch in den Nachbarländern massenhaften Anhang gehabt habe, legt es nahe, die Berichte über gleichzeitige Ketzerverfolgungen in anderen südostdeutschen Landschaften gleichfalls mit den Waldensern in Verbindung zu bringen. In erster Linie gilt dies bezüglich Böhmens und Mährens[1], wo, wie wir sahen, die Inquisition bereits zur Zeit der Waldenserverfolgung von 1260 ff. in Thätigkeit getreten, und wo nach der Aussage des österreichischen Waldenserbischofs Neumeister das Waldenserthum um 1315 besonders tief eingewurzelt war. Die Irrthümer, die Papst Johann XXII. den um 1318 verfolgten böhmischen Ketzern auf Grund der ihm aus Böhmen zugegangenen Berichte beilegt[2], sind zum Theile dieselben wie diejenigen, welche uns in dem Kremser Inquisitionsberichte begegnen: Verwerfung des Eides, Verwaltung der Busssacramente innerhalb der Secte, Erwartung der Erhöhung Lucifers, Veranstaltung von schändlichen Orgien, welche sich an die in Höhlen stattfindenden Predigten der ketzerischen Bischöfe anschliessen; ausserdem wird den böhmischen Ketzern noch die Vornahme der Wiedertaufe, Leugnung der Auferstehung der Todten und der Trinität und die Irrlehre,
- ↑ Auffallend ist angesichts der im Folgenden zu besprechenden Thatsachen die Aeusserung des Bischofs Bruno von Olmütz in seinem Schreiben an Papst Gregor X. vom 1. Januar 1273 über den Zustand seiner Diöcese: de infidelibus vero inter nos conversantibus, deo teste, de haereticis nihil scimus (Codex dipl. et epistolar. Moraviae VI, 369). Auch in den Olmützer Synodalstatuten von 1318 (ib. VI, 385) geschieht der Häretiker nicht Erwähnung.
- ↑ Bulle vom 1. April 1318, abgedruckt bei Dudik, Iter Romanum II, 136 ff., auch erwähnt bei Peter von Königsaal (Königsaaler Geschichtsquellen, hrsg. v. Loserth S. 366); die Anzeige über das Ueberhandnehmen der Ketzerei in Böhmen war dem Papste von dem mit dem Prager Bischof aufs heftigste verfeindeten Domherrn Heinrich von Schönburg erstattet worden, was bei der Beurtheilung der Glaubwürdigkeit der diesbezüglichen Angaben der Bulle nicht ausser Acht gelassen werden darf.
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 307. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_307.jpg&oldid=- (Version vom 17.11.2022)