und habe doch in der Weise des Volks, die Sprache zu gebrauchen, meinen guten Grund dazu gehabt. Denn – man höre! – das ist hier das Eigenthümliche:
1) Bei lebendigeren Gefühlen und heftigeren Gemüthsbewegungen, z. B. im Zorn, brauchen die Leute fast immer die schweren tiefen Töne statt der leichten und hohen – dann sagen sie Frau Rauh geiht sleiht veir Doiwel für Fru Ruh geht sleht (schlägt) vier Düwel.
2) in feierlicherer und ernsterer Stimmung bei’m Sprechen oder Erzählen gebrauchen sie auch die ordentlichere vollere Tönung und sprechen aus besünders ward bald Händ für besünners wadd bal Häññ.
Dies wird in lebendiger und ernster Gemüthsstimmung auch auf den plattdeutschen Dativ (ich meine hier vorzüglich den Dativ der Einzahl weiblichen Geschlechts) ausgedehnt, der in gemeiner Rede selten vom Akkusativ unterschieden wird. Man sagt gewöhnlich giff de Fru Brot, gah to de Stadt, bewis mit de Dhad; das heißt das dativische r weiblichen Geschlechts fällt aus. So wie aber das Gefühl des Sprechenden sich steigert, sagt er giff der Fru, gah to der (tor) Stadt, bewis mit der Dhad. Ich habe im Schreiben meistens die regelrechte Form gebraucht.
Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen/Zweiter Theil. Berlin 1843, Seite IX. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_2_V009.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)