van der Roden mit ihrer Enkelin in die Stadt, und ließ den Hof unter der Aufsicht des früheren Bauknechtes Marten und seiner Ehefrau, der alten Wieb. Vor dem Hause, welches sie einige Straßen von dem unseren entfernt bewohnte, standen granitne Pfeilersteine, die durch schwere eiserne Ketten mit einander verbunden waren. Wir Jungen, wenn wir auf unserem Schulwege vorübergingen, unterließen selten uns auf diese Ketten zu setzen und, mit Tafel und Ranzen auf dem Rücken, einige Male hin- und herzuschaukeln. Aber ich entsinne mich noch gar wohl, wie wir auseinander stoben, wenn Einer von uns das Gesicht der alten Dame hinter den Geranienbäumen am Fenster gewahrte, oder gar, wenn sie mit einer gemessenen Bewegung den Finger gegen uns erhoben hatte.
Desungeachtet ließ ich mir gern, was öfters geschah, vom Vater eine Bestellung an sie auftragen. Ich weiß nicht mehr, war es das kleine zierliche Mädchen, das mich anzog, oder war es die alte Schatulle, deren Raritäten ich in besonders begünstigter Stunde mit ihr beschauen durfte; die goldenen Schaumünzen, die seidenen bunt bemalten Fächer
Theodor Storm: Auf dem Staatshof. Braunschweig: George Westermann, 1891, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DE_Storm_Auf_dem_Staatshof_12.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)