goldgeblümten Tapeten, in welchem viele Bilder von alten weiß gepuderten Männern und Frauen an den Wänden hingen. Meine Eltern und die übrigen Gäste sind eben von einer gedeckten Tafel aufgestanden, die sich mitten im Zimmer unter einer großen Krystallkrone befindet. Bald sitze ich in eine Serviette geknüpft der kleinen Anne Lene gegenüber; Wieb steht dabei und serviert uns von den Resten. Ich befinde mich sehr wohl; nur zuweilen stört mich ein Krächzen, das aus der Ferne zu uns herüber dringt. „Höre!“ sag’ ich und hebe meine kleinen Finger auf. Die alte Wieb aber kennt das schon lange. „Das sind die Raben,“ sagt sie, „sie sitzen im Baumgarten, wir wollen sie nachher besuchen.“ – Aber ich vergesse die Raben wieder; denn Wieb theilt zum Dessert noch die Zuckertrauben von einer Conditortorte zwischen uns; nur scheint es nicht ganz unparteiisch herzugehen, denn Anne Lene erhält immer die Hahnenschwänze und die Kragentauben.
Etwas später sehe ich die Gesellschaft auf den geschlungenen Gartenwegen zwischen den blühenden Büschen promeniren; die alte Dame mit der Fraise, welche am Arme meines Vaters geht, beugt sich zu
Theodor Storm: Auf dem Staatshof. Braunschweig: George Westermann, 1891, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DE_Storm_Auf_dem_Staatshof_09.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)