So wird die Society zum erstenmal erfahren und feststellen, ob die Juden schon in’s Gelobte Land wandern wollen und müssen. Die Society wird von den Judengemeinden in aller Welt die Behelfe zu einer umfassenden Statistik der Juden erhalten.
Die späteren Aufgaben, die gelehrte Erforschung des neuen Landes und seiner natürlichen Hilfsmittel, der einheitliche Plan zur Wanderung und Ansiedelung, die Vorarbeiten für die Gesetzgebung und Verwaltung etc. sind aus dem Zweck vernünftig zu entwickeln.
Nach Aussen muss die Society versuchen, wie ich schon anfangs im allgemeinen Theil erklärte, als staatsbildende Macht anerkannt zu werden. Aus der freien Zustimmung vieler Juden kann sie den Regierungen gegenüber die nöthige Autorität schöpfen.
Nach Innen, das heisst dem Judenvolke gegenüber, schafft die Society die unentbehrlichen Einrichtungen der ersten Zeit – die Urzelle, um es mit einem naturwissenschaftlichen Worte zu sagen, aus der sich später die öffentlichen Einrichtungen des Judenstaates entwickeln sollen.
Das erste Ziel ist, wie schon gesagt, die völkerrechtlich gesicherte Souveränetät auf einem für unsere gerechten Bedürfnisse ausreichenden Landstrich.
Was hat nachher zu geschehen?
Als die Völker in den historischen Zeiten wanderten, liessen sie sich vom Weltzufall tragen, ziehen, schleudern. Wie Heuschreckenschwärme gingen sie in ihrem bewusstlosen Zuge irgendwo nieder. In den geschichtlichen Zeiten kannte man ja die Erde nicht.
Die neue Judenwanderung muss nach wissenschaftlichen Grundsätzen erfolgen.
Noch vor einigen vierzig Jahren wurde die Goldgräberei auf eine wunderlich einfältige Weise betrieben. Wie abenteuerlich ist es in Californien zugegangen! Da liefen auf ein Gerücht
Theodor Herzl: Der Judenstaat, Berlin und Wien 1896, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DE_Herzl_Judenstaat_71.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)