Wilhelm Stieda (Hrsg.): Briefwechsel Hildebrand Veckinchusen | |
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mündlich mit ihm besprechen zu können. Die nächste Veranlassung war ein Betrag von 9 Pfund 10 sl. gr., die ein Mann von Hildebrand zu fordern hatte, der nun in dessen Abwesenheit glaubte, sich an den Hausbesitzer und Herbergsvater Schotteler halten zu dürfen. Engelbrecht Veckinchusen, der mit Schotteler die Angelegenheit erörtert hatte, riet seinem Vetter davon ab, dem Drängen Schottelers nachzugeben. Er hielt ihn nicht für zuverlässig. „Wo et ju gynge, dar en solde he nicht vele umme geven“, schrieb er dem Vetter aus seiner vollen Kenntnis der Persönlichkeit ihres Wirts, bei dem sie längere Zeit gewohnt haben mochten. Engelbrecht, den Hildebrand ersucht hatte, den verhältnismäßig geringen Betrag von 9 Pfund für ihn zu bezahlen, lehnte dies ab mit der Begründung, daß diese Schuld ja nicht die einzige wäre, die auf Hildebrand lastete. Daher wäre es zweckmäßiger, wenn Hildebrand seine Gläubiger einlüde nach Antwerpen zu kommen, um sich dort mit ihnen über einen tunlichst weit anzusetzenden Zahlungstermin aller Verbindlichkeiten zu einigen[1].
Leider schenkte Hildebrand diesen gutgemeinten Vorstellungen kein Gehör, sondern folgte den einschmeichelnden und dringlichen Vorstellungen des ungetreuen Vlamen. Schotteler bat und drohte. In beweglichen Worten bat er, ihn nicht für die von Hildebrand kontrahierten Schulden büßen zu lassen. Hildebrand hätte an ihm stets einen guten Hauswirten gehabt. Er erinnerte den Abwesenden an die Freundschaft, „die ic hu hier in ghedaen hebbe“. Er habe den Gast in seinen Händen gehalten und doch ziehen lassen, weil er sich einer solchen Handlungsweise, nämlich den Wirten für ihn zahlen zu lassen, von ihm nicht versehen hätte. Er müsse alle Tage auf die Schöffenkammer „om huver scult wille, niet om de miene“[2].
Waren es diese drangsalierenden und den Empfänger beunruhigenden Briefe, die an seiner Redlichkeit Zweifel zu hegen schienen, oder ein gleichzeitig an ihn aus Lübeck gelangendes Schreiben, in dem ein Freund ihm riet, sich mit seinen Gläubigern in Brügge gütlich auseinanderzusetzen — genug, Hildebrand gab seinen Plan auf und ließ sich dazu bewegen nach Brügge zurückzukehren. In der Herberge „zur Gans“ in Antwerpen, derjenigen, die am Kornmarkt lag, schloß er in Anwesenheit verschiedener Freunde, Johannes Visch, Johannes Bokel, Erwin van Espen, Engelbrecht Veckinchusen, Evert vam Schide und des Klerks des gemeinen Kaufmanns in Brügge, Heinrich vam Hope, der wahrscheinlich als offizielle Persönlichkeit mit zugezogen war, einen Vertrag, laut dem Schotteler ihm die persönliche Sicherheit gewährleistete. Der Vlame verlangte die Rückkehr Hildebrands nach Brügge behufs mündlicher Auseinandersetzung mit seinen Gläubigern. Er sagte ihm zu: „he solde ongelettet blyven van eme unde he enwolde nicht arghes an eme keren noch syn verreder syn“. In seinem Garten (heester), den er ihm zur Verfügung stellte, könnte er sich frei vor den Nachstellungen seiner Gläubiger aufhalten. Auch auf der „Freiheit“ beim Propste und im Kloster könnte er die gleiche Sicherheit genießen und Schotteler riet sogar, den letzteren Aufenthalt zu wählen. Er stellte ferner in Aussicht, ihm bei der Abwicklung der Geschäfte behilflich sein zu
: Briefwechsel Hildebrand Veckinchusen. Leipzig: S. Hirzel, 1921, Seite XXXVII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Briefwechsel_Hildebrand_Veckinchusen_XXXVII.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)