Bismarcks, aber seinem Genie ergeben. Wenn der König von dem „Ministerpräsidenten, der ihn verlassen wollte“, sprach und an dem Reichskanzler vorbeiging, der doch die Kaiserkrone aus Eisen geschmiedet und den Edelstein der deutschen Treue ihr eingesetzt hatte, so haben diese Verdrießlichkeiten so wenig wie die Wolken die Sonne, die Einigkeit vertreiben können. Hinter dem Gewölke steht die Sonne siegreich auf, und aus Gegensätzen ward echte, gesunde Einträchtigkeit bereitet.
Gegenseitiges Nachgeben hat ersprießliches Zusammenwirken ermöglicht und gesichert. Als jenes fehlte, mußte dieses zerfallen.
Soweit deutsche Geschichte reicht, hat kein Blatt solch edles Bild aufzuweisen, als das Bild der Freundschaft Kaiser Wilhelms und seines Kanzlers, die einander in stillschweigendem Verspruche vor Gott und ihrem Gewissen zu Deutschlands Ehre, Blüte und Herrlichkeit erforderten.
Mit Ehren überhäuft und mit dem Namen begabt, wie ihn die Großen auf Erden haben, hat der Kanzler als schönsten Titel den eines treuen Dieners sich erkoren und der König als bestbezeichnendes Wort das „In treuer Dankbarkeit“ gewählt.
Um seines alten Herrn willen hat der greise Fürst seine Jahre und ihre Beschwerden nicht geachtet, sondern die trüben hundert Tage Friedrich III. treulich getragen, an dem Sohne den Dank für den Vater bezahlend. Der wehmütige Glanz herben Leidens, der diese ritterliche Siegfriedgestalt umgab und im Tode auf ihm ruhen blieb, verleiht seinem Gedächtnis einen schmerzvollen Zauber.
An dem Sarge aber stand die Treue Wacht, die das Gedächtnis des Toten trotz Tagebuch und Veröffentlichungen in Ehren hielt.
Ob diese deutsche Treue standhielt, als sie schmerzlich geprüft ward, ob der schwer Gekränkte in Abwehr und
Hermann von Bezzel: Bismarck und das deutsche Gemüt. Paul Müller, München ca. 1916, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bismarck_und_das_deutsche_Gem%C3%BCt_20.png&oldid=- (Version vom 19.7.2016)