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Seite:Badisches Sagenbuch 100.jpg

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letzten Vertreter des Ritterthumes da, gleichsam als die Hüter der Grenzen zwischen einer alten und einer unter bedenklichen Anzeichen beginnenden neuen Zeit.

Unter den Edlen, welche zu dem Feste nach Kaufbeuren zogen, war auch Stephan Haußner aus dem Hegau. Ein baufälliges Schloß und einige größtentheils öde liegenden Ländereien mit verarmten Zinsleuten machten seine ganze Habe aus; an trotzigem Muthe und waghalsiger Tapferkeit mochten es ihm aber Wenige zuvorthun. Auch trieb er sich beständig im Lande umher und nahm an allen Fehden und Händeln Theil, wobei, wenn auch nicht Ehre, doch reiche Beute zu gewinnen war.

Haußner hörte in Kaufbeuern von der schönen Tochter des reichen Guttenberg sprechen und bald bot sich auch auf einem Balle, den die Stadt gab, eine bequeme Gelegenheit, sie zu sehen. Da kam ihm plötzlich der Gedanke, um sie zu freien. Er meinte, Vater und Tochter würden sich eine solche Verbindung zur hohen Ehre anrechnen, und säumte darum auch nicht, dem alten Guttenberg einen Besuch abzustatten und ihm sein Anliegen vorzutragen.

Der Alte sah ihn verwundert an und sagte dann zum Ritter: „Ich erkenne die Ehre, welche Ihr mir und meinem Hause zu erzeigen gedenkt; Ihr scheint jedoch in einem Irtthum befangen.“

„In einem Irrthum?“ fragte Haußner.

„So sehe ich’s an“ – fuhr Jener fort – „Ihr glaubt nämlich, durch eine Heirath meine Tochter zu Euch zu erheben; aber umgekehrt: Ihr werdet dadurch zu ihr erniedrigt. Eure Kinder verlieren dadurch das Recht der Ebenbürtigkeit und können einst weder bei Turnieren erscheinen, noch in Dom- und Ritterstifte aufgenommen werden, noch auf Das Anspruch machen, was Ihr als Lehen besitzt.“

Der Ritter schien sich auf eine gute Antwort zu besinnen; Guttenberg schnitt jedoch den Faden des Gespräches rasch ab, indem er sagte: „Der Adler soll auf dem Felsen bleiben und die Lerche in der Furche des Ackers, und somit Gott befohlen!“

Haußner war über diesen kurzen Bescheid höchlich ergrimmt und sein Zorn entbrannte noch mehr, als er vernahm,

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 1. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_100.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)