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Hüpfende und kriechende Früchte

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Textdaten
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Autor: unbekannt
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Titel: Hüpfende und kriechende Früchte
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 33, S. 564
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[564] Hüpfende und kriechende Früchte. Als die ersten Weltumsegler unter Ferdinand Magalhães die Inseln des Stillen Oceans erreichten, fanden sie auf denselben eigenartige Blätter. Laut den Berichten Pigafettas, des Geschichtschreibers jener denkwürdigen Expedition, liefen dieselben, wenn sie vom Baume abfielen, auf der Erde fort. Wir wissen heute, daß jene Blätter wirkliche Thiere waren, blattähnliche Heuschrecken, die durch diese Aehnlichkeit gegen Nachstellungen geschützt sind. Die Thiere hatten somit nicht bloß ihre Feinde im Thierreiche, sondern auch die naturwissenschaftlich nicht geschulten Seefahrer des 16. Jahrhunderts getäuscht.

Später entdeckte man in Amerika hüpfende Früchte, die noch heute die Naturforscher besonders interessieren. Dieselben sind unter dem Namen der „springenden Bohnen“ von Mexiko bekannt und stammen aus der Nähe der Stadt Alamos im Staate Sonora.

Es sind rundliche, 8 bis 11 mm lange und 9 bis 12 mm breite Früchte der Sebastiania pavoniana, einer zur Familie der Euphorbiaceen gehörigen Pflanze.

Auf eine ebene Fläche gelegt, springen sie 3 bis 5 mm hoch, ja manchmal gelang es ihnen, auf den Rand eines Dessert-Tellers zu springen. Nimmt man eine solche Frucht zwischen die Finger so fühlt man in deren Innerem ein äußerst kräftiges Pochen. Es ist nicht schwierig, die Ursache dieses Pochens und Hüpfens aufzufinden. Schneidet man eine springende Bohne auf, so sieht man in deren hohlem ausgefressenen Innern eine Larve des mexikanischen Kleinschmetterlings Carpocapsa saltitans. Das Thierchen stützt sich mit den Bauchfüßen gegen die Wand der Bohne, zieht sich zusammen und schnellt sich plötzlich los, so daß der Kopf gegen die Wand anschlägt, wodurch die Bohne in eine hüpfende Bewegung versetzt wird.

In derselben Weise bringt ein anderes Insekt Früchte eines in den Steppen- und Wüstengebieten des Mittelmeeres wachsenden Tamariskenstrauches zum Hüpfen, wobei die Höhe der einzelnen Sprünge sogar 2 bis 3 cm beträgt. Auch eine Gallwespe, Neuroterus saltans, die auf Eichen lebt, erzeugt in ähnlicher Weise das Forthüpfen der vom Blatte losgelösten Eichengallen.

In allen diesen Fällen springen nicht die Pflanzentheile von selbst, sondern werden nur von den in ihrem Inneren eingeschlossenen Thieren fortgeschleudert. Es giebt aber wohl Früchte, die auch ohne fremdes Zuthun forthüpfen und fortkriechen, und diese Früchte sind durchaus nicht selten; wer Augen hat, der kann sie bei uns auf Feld und Wiese beobachten denn viele Gräser, Skabiosen und Korbblüthler bieten uns dieses Schauspiel. Die Grannen und Kelchzähne der Früchte derselben sind hygroskopisch: sie nehmen leicht Feuchtigkeit aus der Luft an, und indem sie bei wechselnder Witterung bald feuchter, bald trockener werden, strecken oder krümmen sie sich und versetzen dadurch die an ihnen haftende Frucht bald in hüpfende, bald in kriechende Bewegung. Weite Reisen können diese Früchte allerdings nicht unternehmen, sie legen aber doch Strecken von einigen Decimetern zurück, bis sie sich in eine Sackgasse verrennen und im Boden haften bleiben um in günstiger Jahreszeit zu keimen. Indem sie sich auf diese Weise vom Mutterstocke entfernen, tragen sie bei zur Verbreitung ihrer Art, dringen langsam aber stetig erobernd vor. *