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Ehepatent 1783 (Österreich)

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Gesetzestext
korrigiert
Titel: Patent vom 16ten Januar 1783
Abkürzung: Ehepatent
Art: Kaiserliches Patent
Geltungsbereich: österreichische Erblande
Rechtsmaterie: Eherecht
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Fassung vom:
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung:
Inkrafttreten:
Anmerkungen:
aus: Joseph des Zweiten Gesetze und Verfassungen im Justiz-Fache (1780–1784), Wien 1817, S. 192–203
Quelle: Österreichische Nationalbibliothek, Kopie auf Commons
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Patent vom 16ten Januar 1783.

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Ueber die Gültigkeit oder Ungültigkeit des Ehevertrages, in so fern es die bürgerlichen Wirkungen desselben betrifft, folglich auch, in wie fern die erzeugten Kinder für ehelich oder unehelich zu betrachten seyn? wird folgende Ordnung bestimmt:

§. 1.

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Die Ehe an sich selbst, als ein bürgerlicher Vertrag (Contract) betrachtet, wie auch die aus diesem Vertrage herfließenden, und den Vertrag errichtenden gegen einander zustehenden bürgerlichen Gerechtsame und Verbindlichkeiten erhalten ihre Wesenheit, Kraft und Bestimmung ganz und allein von den landesfürstlichen Gesetzen; die Entscheidung der hierüber entstehenden Streitigkeiten gehört also für die landesfürstlichen Gerichtsstellen.

§. 2.

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Jedermann ist befugt, einen Ehevertrag einzugehen, der durch nachfolgende Anordnung dazu nicht für unfähig erklärt wird; und zwar

§. 3.

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Erstens. Sind zur Schließung eines Ehevertrages nicht fähig Minderjährige, wenn sie nicht ihres eheleiblichen Vaters, oder in dessen Ermanglung des Großvaters väterlicher Seite, Einwilligung darüber eingehohlet haben.

§. 4.

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Wenn jedoch Vater oder Großvater ihre Einwilligung versagt, und die Kinder nach einiger Zwischenzeit ihr Ansuchen einige Mahl fruchtlos [193] wiederhohlet hätten, wird diesen, oder dem Theile, mit welchem die Ehe nicht zugelassen werden will, wie auch seinem Vater oder Vormunde verstattet, sich an die Gerichtsbehörde zu verwenden.

§. 5.

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Findet das Gericht nach Vernehmung des Vaters oder Großvaters, die Ursache der Weigerung erheblich, so hat dasselbe das Gesuch auf eine den Umständen angemessene Art abzuschlagen. Könnten sie hingegen keine gründliche Ursache ihrer Weigerung anführen, so ist vorläufig zu versuchen, ob sie entweder durch gütliche Vorstellungen, oder einige ihnen eingeräumte Bedenkzeit zur Einwilligung zu bewegen sind. Wenn aber auch dieses nicht fruchtete, so hat das Gericht die Einwilligung von Amts wegen zu ertheilen; und soll eine unter diesen Umständen vollzogene Ehe nicht nur ihre vollkommene Gültigkeit haben, sondern auch den Kindern an ihren Rechten zu keinem Nachtheile gereichen.

§. 6.

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Wenn im Gegentheile Minderjährige, ohne Einwilligung des Vaters oder Großvaters, oder wider dessen ausdrückliches Verboth, ohne die Gerichtsbewilligung angesucht zu haben, oder wohl gar wider die gerichtliche Abweisung, sich in eine Ehe einlassen; so soll dieselbe wegen Abgang der vorgeschriebenen gesetzmäßigen Einwilligung gang und gar ungültig, folglich ohne alle Wirkung seyn.

§. 7.

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Wofern aber der Vater oder Großvater väterlicher Seite zwar leben, das Gericht jedoch dieselben von der Vormundschaft, entweder wegen ihres darauf gethanen eigenen Verzichts oder wegen eines wider sie streitenden Bedenkens auszuschließen, mithin einen andern Vormund zu bestellen befunden hat, so sollen die Kinder, nebst der Einwilligung des Vaters oder Großvaters auch noch die Einwilligung des Vormundes einzuhohlen schuldig seyn. Sind diese in ihrer Meinung unterschieden, so soll das Gericht entscheiden.

§. 8.

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Zweytens: Wo Vater und Großvater väterlicher Seite gestorben sind, können die minderjährigen Kinder ohne Einwilligung derjenigen, unter deren Obsorge sie stehen, sich nicht verehelichen. In einem solchen Falle aber soll es an der Einwilligung des Vormundes allein nicht genug seyn, sondern auch die gerichtliche Genehmhaltung angesuchet werden.

§. 9.

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Wollte jedoch der Vormund weder selbst einwilligen, noch die Vormundschaftsbehörde angehen, so soll auf die im 4. §. erwähnte Art dem [194] Minderjährigen selbst oder andern in dessen Nahmen freystehen, sich an die gedachte Behörde zu wenden, welche, nach Vernehmung des Vormundes, vorzukehren hat, was sie der Billigkeit gemäß findet.

§. 10.

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Drittens: Sollen Ehen zwischen einem Unterthan, der der christlichen Religion zugethan, und einem andern, der der christlichen Religion nicht zugethan ist, nichtig und ungültig seyn.

§. 11.

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Viertens: Ein Mann, der bereits mit einem Weibe, oder eine Weibsperson, die bereits mit einem Manne verheirathet ist, soll, so lange die Ehe bestehet, nicht befugt seyn, eine zweyte Ehe einzugehen. Würde eine solche zweyte Ehe dennoch geschlossen, so soll sie ungültig seyn.

§. 12.

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Wenn daher schon verheirathet gewesene Personen zur neuen Ehe schreiten wollen, so sollen dieselben, wofern der Tod des ersten Ehegatten an dem Orte, wo sie sich wieder verehelichen wollen, nicht allgemein kundig ist, zur zweyten Heirath nicht eher zugelassen werden, bis sie den Tod des vorigen Ehegatten auf eine zu Rechte hinreichende Art bewiesen haben.

§. 13.

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Fünftens: Werden auch Blutsverwandte für unfähig erklärt, sich unter einander zu verehelichen. In der auf- und absteigenden Linie soll diese Unfähigkeit fort und fort dauern. Unter Seitenverwandten aber soll sie sich nicht weiter erstrecken, als zwischen Bruder und Schwester, dann zwischen Bruder und seines Bruders oder seiner Schwester Tochter, gleichwie auch auf die Heirath zwischen Schwester, und ihres Bruders oder ihrer Schwester Sohne, und auf die Heirath zwischen Geschwisterkinder.

§. 14.

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Diese Unfähigkeit zur Ehe zwischen erstgedachten Seitenverwandten besteht ohne Unterschied, nicht nur wenn die Brüder und Schwestern von einem Vater und von einer Mutter abstammen, sondern auch wenn sie bloß den Vater oder bloß die Mutter gemeinschaftlich haben: auch nicht allein, wenn die Verwandtschaft aus ehelicher, sondern auch, wenn sie aus unehelicher Erzeugung ihren Ursprung hat.

§. 15.

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Sechstens: Auch die Schwägerschaft macht die zunächst verschwägerten Personen zur Ehe unfähig. Doch soll sich diese Unfähigkeit auf die nähmlichen Personen beschränken, die in dem vorhergehenden 13. und 14. §. [195] genannt sind: nähmlich der Mann ist nicht befugt, die daselbst erwähnten Verwandten seines Weibes, noch das Weib die daselbst erwähnten Verwandten ihres Mannes zu heirathen.

§. 16.

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Wofern jedoch in irgend einem besondern Falle sehr wichtige Ursachen vorhanden wären, welche eine Ehe zwischen Personen räthlich machen, deren Verwandtschaft oder Schwägerschaft die Verbindung hindert, dann muß der Fall allezeit vorläufig dem Landesfürsten angezeiget, und nur erst nach von demselben erhaltener Erlaubniß mag sich weiters darüber an das geistliche Gericht gewendet werden. Jene verwandten und verschwägerten Personen hingegen, die zur Schließung einer Ehe unter sich in diesem Gesetze nicht für unfähig erkläret sind, können sich lediglich bey ihrem Bischofe dießfalls melden.

§. 17.

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Siebentens: Derjenige, so eine Weibsperson gewaltthätiger Weise entführet, soll nicht befugt seyn, mit derselben eine gültige Ehe zu schließen. Wenn jedoch die Weibsperson, nachdem sie sich wieder außer der Gewalt des Entführers befindet, denselben zu heirathen einwilliget, so soll dieser Ehe nichts im Wege stehen.

§. 18.

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Achtens: Ebenfalls wird ein Ehebrecher und eine Ehebrecherinn für unfähig erkläret, mit einander eine gültige Ehe zu schließen, wofern der von ihnen begangene Ehebruch, vor der zwischen denselben geschlossenen Ehe, gerichtlich erwiesen worden.

§. 19.

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Neuntens: Nicht minder sollen auch jene mit einander eine gültige Ehe einzugehen nicht fähig seyn, die den ihrer Heirath im Wege stehenden Ehegatten des einen Theiles ermordet haben; die Ermordung möge nun von ihnen selbst oder von einem andern durch ihre Veranlassung vollbracht, und entweder mit beyderseitiger Einwilligung, oder auch nur von einem Theile, ohne Wissen und Willen des andern Theiles, verübet worden seyn.

§. 20.

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Zehntens: Die Militär-Personen sind ohne eine, von ihren Regimentern, Corps oder sonst von ihrer vorgesetzten Obrigkeit beygebrachte schriftliche Erlaubniß, sich zu verehelichen nicht fähig. Nicht nur, daß eine wider dieses Verboth eingegangene Ehe für sich ungültig und nichtig ist, sondern es werden auch die Parteyen und der Pfarrer, Pastor oder Pope, welche Militär-Personen ohne die vorgeschriebene Erlaubniß getrauet haben würden, nach Beschaffenheit der Umstände bestrafet werden.

[196]

§. 21.

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In Ansehung der in der katholischen Kirche mit dem Stande der Geistlichkeit und mit den abgelegten Ordensgelübden verbundenen Unfähigkeit zur Ehe, wird das bisher Bestehende unabgeändert belassen.

§. 22.

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Der Ehevertrag (Contract) selbst wird geschlossen, wenn eine Manns- und eine Weibsperson einwilligen, mit einander in eine unzertrennliche Gemeinschaft zu treten, um Kinder zu erzeugen, und der diesem Stande anklebenden Gerechtsame zu genießen.

§. 23.

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Die Einwilligung in die Ehe muß klar und deutlich ausgedruckt, und insgemein von den Parteyen selbst gegeben werden. Zwar ist auch verstattet, die Ehe durch einen Bevollmächtigten zu schließen; allein eine solche Ehe soll nur in dem Falle gültig seyn, wenn die Vollmacht auf die Heirath einer bestimmten Person gerichtet ist, und wenn dieselbe zu jener Zeit, da der Bevollmächtigte die Ehe schließt, nicht bereits widerrufen worden.

§. 24.

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Alles, was die Einwilligung verhindert, verhindert auch die Gültigkeit des Ehevertrags. Daher können diejenigen, die ihrer Vernunft beraubet sind, wenn sie nicht heitere Zwischenstunden haben, in welchen sie die Rechte und Verbindlichkeiten des Ehestandes einsehen, keine gültige Ehe schließen. Tauben und Stummen hingegen, die ihre Einwilligung durch Zeichen ausdrucken können, stehet zur Schließung der Ehe nichts im Wege.

§. 25.

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Ungültig ist auch der Vertrag der Ehe, wenn in der Person, mit welcher die Ehe geschlossen worden, ein Irrthum vorgeht. Ein in Nebensachen, oder in den Eigenschaften der Person vorgegangener Irrthum aber hindert die Gültigkeit des Ehevertrages nicht; es sey denn, daß die Eigenschaft die ganze Wesenheit der Person verändert, und daß von der einen Seite die zur Ehe gegebene Einwilligung darauf ausdrücklich beschränket, von der andern Seite aber diese Eigenschaft betrieglicher Weise vorgegeben worden.

§. 26.

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Das Ehehinderniß wird erweitert auch auf den Fall, da eine Weibsperson zur Zeit der eingegangenen Eheverbindung von einem Dritten wirklich schwanger seyn sollte, und dieser Umstand ihrem künftigen Ehemann keineswegs bewußt war, auch dieser, sobald als er von der vorgängigen Schwangerschaft Beweise gehabt, bey Behörde die Anzeige macht, und darthun kann, vorher keine Wissenschaft davon gehabt zu haben.

[197]

§. 27.

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Auch steht der Gültigkeit der Ehe entgegen, wenn die Einwilligung durch Furcht und Gewalt erzwungen worden; wofern nur die Furcht zu dem Ende, um die Einwilligung zur Ehe dadurch zu erzwingen, eingejagt, auch so beschaffen war, daß eine Person, wie diese, welche diese Furcht anführt, derselben nicht hat widerstehen können.

§. 28.

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Das Befugniß, eine aus Irrthum oder Furcht eingegangene Ehe als ungültig anzufechten, steht bloß demjenigen zu, der in den Irrthum versetzet, oder dem die Furcht eingejagt worden, keineswegs aber dem andern Theile, bey dem weder Irrthum noch Zwang vorhanden war. Und selbst der erstere soll mit keiner Klage wider die geschlossene Ehe weiter gehöret werden, wenn er nach entdecktem Irrthume, oder nach vorübergegangener Furcht seine Einwilligung entweder ausdrücklich, oder durch freywillig fortgesetzte eheliche Beywohnung erneuert hat.

§. 29.

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Es wird aber hiermit erkläret, daß nicht jede ausgedruckte Einwilligung zur Schließung der Ehe für hinlänglich anerkennet werde, sondern zur Wesenheit dieses Contractes, und als eine zu dessen Gültigkeit unumgängliche Bedingniß wird vorgeschrieben, daß die beyderseitige Einwilligung zur Ehe in Gegenwart des Pfarrers, Pastors oder Popen, in dessen Pfarre oder Sprengel die Brautleute wohnhaft sind, und in Beyseyn zweyer Zeugen ausgedruckt werde. Doch wird dem Pfarrer und Pastor oder Popen das Befugniß eingeräumet, daß sie statt ihrer, auch einen andern, um in seinem Nahmen bey Schließung der Ehe gegenwärtig zu seyn, bestellen mögen.

§. 30.

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Wo Bräutigam und Braut unter verschiedene Pfarrbezirke gehören, soll es an dem genug seyn, wenn die eheliche Einwilligung entweder vor dem Pfarrer, Pastor oder Popen des Bräutigams, oder vor dem Pfarrer, Pastor oder Popen der Braut erkläret wird.

§. 31.

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Jede Ehe soll, bevor sie geschlossen wird, in der Pfarrkirche der Brautleute an einem Sonntage oder gebothenen Feyertage zur Zeit der Predigt, oder wenn sonst das Volk hinlänglich versammelt ist, öffentlich aufgebothen (verkündiget), bey dieser Verkündigung beyde Brautleute mit Tauf- und Geschlechtsnahmen, Geburtsort und Stand deutlich bezeichnet, und dieses Aufgeboth (Verkündigung) noch an zwey folgenden Sonn- oder Feyertagen wiederhohlet werden, damit ein jeder ein ihm etwa bekanntes, dieser Ehe im Wege stehendes Hinderniß gehörig zu entdecken, Zeit gewinne.

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§. 32.

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Gehören die Brautleute unter verschiedene Pfarrbezirke, so soll die dreymahlige Verkündigung in der Pfarre von beyden geschehen, und hätte einer von den Brautleuten sich in seiner dermahligen Pfarre noch nicht durch sechs Wochen aufgehalten, so soll die Verkündigung dazu noch in derjenigen Pfarre geschehen, unter welche er vorher gehört hat.

§. 33.

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In außerordentlichen Fällen jedoch, oder wo Gefahr auf dem Verzuge haftete, wird zwar den Parteyen verstattet, um die Nachsicht des dreymahligen Aufgeboths (der Verkündigung) anzulangen; sie haben sich aber dießfalls immer an ihre weltliche Behörde zu wenden, der hiermit das Befugniß eingeräumet wird, in solchen Fällen die gebethene Nachsehung zu ertheilen.

§. 34.

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In allen Fällen, wo das Aufgeboth (die Verkündigung) in mehr als einer Pfarre zu geschehen hat, ist der Pfarrer, Pastor oder Pope, in dessen Gegenwart die Ehe geschlossen werden soll, schuldig, sich das Zeugniß des auch in der andern Pfarre geschehenen Aufgeboths geben zu lassen. Ohne Aufgeboth (Verkündigung) aber soll sich kein Pfarrer, Pastor oder Pope, unter schwerer Strafe unterfangen, eine Partey zu trauen (zusammen zu geben), wenn ihm nicht die von der weltlichen Behörde erhaltene dießfällige Nachsehung, oder im Falle es eine Militär-Person ist, die von ihrem Regimente, Corps oder sonst vorgesetzten Obrigkeit beygebrachte Erlaubniß schriftlich vorgezeiget worden. Eine ohne das vorgeschriebene dreymahlige Aufgeboth (die Verkündigung) oder eine dießfalls erhaltene Nachsehung, oder endlich ohne gesetzmäßige Erlaubniß geschlossene Ehe, ist gänzlich ungültig und nichtig.

§. 35.

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Jeder Pfarrer, Pastor oder Pope soll schuldig seyn, alle in seiner Pfarre geschlossenen Ehen mit deutlicher Benennung der Eheleute, wie auch der dabey gegenwärtigen Zeugen, dann mit Benennung des Orts, wo die Ehe geschlossen worden, und ob dieselbe vor ihm selbst, oder vor einem andern in seinem Nahmen, und vor wem sie geschlossen worden, in die zu diesem Ende bestimmten Trauungsbücher eigenhändig einzutragen, dergestalt, daß jeder in Betreff dieser Ehe und der Zeit, wann sie geschlossen worden, entstehende Zweifel daraus vollständig gehoben werden könne.

§. 36.

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Wenn der Vertrag der Ehe auf die bisher verordnete Art eingegangen worden, so soll derselbe unauflöslich seyn, und dieses Band, so lange beyde Eheleute leben, unter keinem Vorwande getrennet werden können.

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§. 37.

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Fände sich jedoch, daß einer von den Eheleuten die wesentlichste Pflicht des Ehestandes, nähmlich: die eheliche Beywohnung, wegen Unvermögenheit nicht erfüllen könnte, so soll dem dadurch benachtheiligten Gatten das Recht vorbehalten bleiben, bey dem weltlichen Gerichte zu dem Ende Klage anzubringen, damit die geschlossene Ehe ungültig erkläret werde.

§. 38.

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Bey solchen Klagen nun soll das Gericht sich niemahls daran genügen lassen, daß die von der klagenden Partey angeführte Unvermögenheit des andern Theiles von diesem gerichtlich eingestanden wird, sondern es muß die Wahrheit der angebrachten Unvermögenheit allezeit nach Verschiedenheit der Personen durch erfahrne Aerzte, Wundärzte oder Wehemütter (Hebammen) untersucht werden.

§. 39.

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Finden sich bey dieser Untersuchung zuverlässige Zeichen einer fortdauernden Unvermögenheit, sie möge überhaupt, oder nur in Rücksicht auf den andern Gatten vorhanden seyn, so ist die Ehe für ungültig und nichtig zu erklären. Wenn aber durch die äußerlichen Zeichen sich nicht zuverlässig bestimmen läßt, ob die Unvermögenheit nur zeitlich, oder ob sie beständig und fortwährend sey, so sollen die Eheleute noch durch drey Jahre beysammen wohnen, und nach deren Verlauf nur alsdann getrennet werden, wenn die Unvermögenheit bis dahin fortgedauert hat.

§. 40.

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Wofern sich hingegen entdeckt, daß die Unvermögenheit nur zeitlich ist, und durch Anwendung schicklicher Mittel gehoben werden kann, so ist das Gesuch abzuweisen. Eben so kann die Ehe nicht aufgelöst werden, wenn sich offenbarte, daß die Unvermögenheit nicht zur Zeit der geschlossenen Ehe vorhanden gewesen, sondern nur erst während der Ehe durch Krankheit oder andere Zufälle verursachet worden.

§. 41.

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Wenn die Gültigkeit einer geschlossenen Ehe in Zweifel gezogen, jedoch der Ehevertrag gültig befunden wird, so sind die etwa eigenmächtig getrennten Eheleute zur häuslichen Gemeinschaft anzuhalten. Wird hingegen die Ehe für ungültig erkläret, so sollen die Gerichte darauf bedacht seyn, damit die häusliche Zusammenwohnung zwischen den gewesenen Eheleuten aufgehoben, und alle verdächtige Gemeinschaft vermieden werde.

§. 42.

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Wäre eine Ehe wegen eines zwischen den Eheleuten vorhandenen Hindernisses ungültig, dieses aber den Parteyen unbekannt gewesen, so soll [200] dasselbe, in so weit es möglich ist, allezeit in Geheim gehoben werden. In denjenigen Fällen aber, wo die Parteyen das vorhandene Hinderniß gewußt, dennoch aber die Ehe geschlossen haben, soll nicht nur die Ehe ungültig seyn, sondern die Parteyen sind nach Verschiedenheit des Standes, auch mit einem dreyjährigen Arreste und Arbeit, oder mit einer andern angemessenen Strafe zu belegen.

§. 43.

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Sobald eine Ehe ungültig erkläret wird, hören auch zwischen den gewesenen Eheleuten alle aus dem Vertrage der Ehe entspringende wechselseitige Rechte und Verbindlichkeiten auf. Doch bleiben die etwa erzeugten Kinder stets unter der Gewalt des Vaters, und muß, was zur Erhaltung und Erziehung derselben von beyder Theile Vermögen beyzutragen ist, alsogleich verhältnißmäßig bestimmet werden. Ueber alles dieses, gleichwie auch über die wegen Vorenthaltung des zugebrachten Gutes, wegen des aus Anlaß einer ungültigen Ehe erlittenen Schadens, oder anderer hieraus entstehenden Ansprüche, haben die Gerichte nach Recht zu erkennen.

§. 44.

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Obwohl nach dem Inhalte des 36. §. das Band der Ehe zwischen Eheleuten auf ihre ganze Lebenszeit währet, so ist gleichwohl die landesfürstliche Meinung nicht, denselben auch in jenen Fällen, die Erfüllung der durch den Ehevertrag ihnen obliegenden Pflichten aufzubürden, wo diese mit wichtigen Beschwerden verbunden sind. Jedoch werden für dergleichen Fälle folgende Maßregeln zur genauesten Beobachtung vorgeschrieben:

§. 45.

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Wenn ein Ehegatte von dem andern gröblich mißhandelt, oder der Verführung zu Lastern und verderbten Sitten ausgesetzet wird, ist dem beleidigten Theile vorbehalten, durch die gewöhnlichen Rechtswege Hilfe und Sicherheit zu suchen. Eine Sonderung zwischen Eheleuten von Tisch und Bett aber soll in keinem Falle auf eine andere Art geschehen können, als wenn beyde Eheleute übereingekommen sind, getrennt zu wohnen; und wenn dazu noch beyde über den Antheil, den jeder zu behalten oder zu empfangen hat, sich vorläufig einverstanden haben, ohne daß gerichtliche Untersuchung oder richterlicher Spruch dießfalls Statt finden soll.

§. 46.

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Sind die Eheleute wegen alles dessen einverstanden, dann sollen sie, noch vor der Trennung, sich bey ihrer Obrigkeit oder Gerichtsstelle persönlich melden, und da, ohne daß sie, wessen sie mit einander übereingekommen sind, anzuzeigen nöthig haben, bloß versichern, daß beyde zur Trennung freywillig einstimmen, und mit den getroffenen Vorsehungen zufrieden sind.

[201]

Um jedoch die Vervielfältigung solcher Trennungen zu verhüthen, soll die Obrigkeit oder Gerichtsstelle derley Eheleute nicht anders anhören, als wenn dieselben zugleich ein schriftliches Zeugniß von ihrem Pfarrer, Pastor oder Popen mitbringen.

§. 47.

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Zu diesem Ende sollen beyde Parteyen, bevor sie sich der Absonderung wegen bey der Obrigkeit oder Gerichtsstelle melden, sich an ihren Pfarrer, Pastor oder Popen persönlich wenden; diese aber sollen zur Wiedervereinigung solcher Eheleute nachdrückliche Vorstellung ihrer Gewissenspflicht und sonst alle mögliche Mittel der Ueberredung versuchen, und nur dann, wenn diese Versuche fruchtlos sind, ihnen ein schriftliches Zeugniß ausstellen: daß sie diese ihnen auferlegte Pflicht erfüllet haben, daß sie aber die Trennung entweder wirklich für billig halten, oder daß sie, ungeachtet aller ihrer Bemühungen, die Parteyen davon abzubringen nicht vermocht haben.

§. 48.

[Bearbeiten]
Den auf solche Art getrennten Eheleuten steht zu allen Zeiten frey, gegen bloße Anmeldung bey ihrer Obrigkeit oder Gerichtsstelle sich wieder zu vereinigen, und bleiben alle zwischen ihnen errichtete Heirathsverträge in voller Kraft. Wegen der erzeugten Kinder aber ist dasjenige zu beobachten, was im 43. §. vorgeschrieben wird.

§. 49.

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Im allgemeinen sind sämmtliche Unterthanen diese Verordnung ohne Unterschied zu beobachten verpflichtet. Jedoch werden diejenigen, so der katholischen Religion nicht zugethan sind, von Beobachtung derselben in folgenden Puncten entbunden:

§. 50.

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Erstens: Wird ihnen verstattet, daß in dem Falle, wo ein Ehegatte dem andern nach dem Leben gestanden oder einen Ehebruch begangen hat, der beleidigte Theil die gänzliche Trennung des Ehebandes ansuchen könne; und wenn die That erwiesen ist, so soll der Richter das ganze Eheband für aufgehoben erklären.

§. 51.

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Zweytens: Soll ein gleiches Recht auch demjenigen Ehegatten zustehen, der von dem andern auf eine boshafte Art verlassen worden ist. In diesem Falle soll jedoch der Abwesende vorher drey Mahl nach Maßgabe der allgemeinen Gerichtsordnung zur Rechtfertigung seiner Abwesenheit durch öffentliche Edicte vorgeladen, und der zurückgelassene Theil von dessen Ansprüchen nicht eher für frey erklärt werden, als wenn der Abwesende binnen der anberaumten Frist sich nicht gerechtfertiget hat.

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§. 52.

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Drittens: Wird die Trennung des Ehebandes auch in jenem Falle verstattet, wenn zwischen den Eheleuten eine Hauptfeindschaft oder eine unüberwindliche Abneigung entstanden ist, und beyde Theile die Ehescheidung verlangen. Doch sollen in solchen Fällen die Gerichte die angesuchte Ehescheidung niemahls sogleich bewilligen, sondern vorher eine einstweilige Trennung von Tisch und Bett veranlassen, und diese nach beschaffenen Umständen wiederhohlen.

§. 53.

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Wenn dann alle angewendeten Mittel fehlschlagen und alle Hoffnung verschwunden ist, derley Eheleute jemahls wieder in Fried und Einigkeit zu vereinbaren; so mögen zwar die Gerichte zur gänzlichen Ehescheidung schreiten; allein diese soll nur alsdann Platz haben, wenn beyde Eheleute dieselbe noch verlangen, und wenn den aus einer solchen Ehe erzeugten Kindern dadurch kein Nachtheil zugezogen wird.

§. 54.

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In jedem Ehescheidungsfalle sind zugleich alle von einer oder der andern Partey angebrachten Ansprüche und Forderungen zu berichtigen. Ins besondere soll keine Ehescheidung eher verwilliget werden, bis die Frage wegen Unterhaltung und Erziehung der etwa erzeugten Kinder, entweder durch einen von den Parteyen gerichtlich bestätigten Vergleich oder durch richterliche Ausmessung entschieden worden. Und unter Strafe der Absetzung soll keiner ihrer Geistlichen einen geschiedenen Ehegatten, welcher aus der ersten Ehe Kinder hat, wieder trauen, als nachdem er sich die wegen der Kinder getroffene Ausmessung hat vorweisen lassen.

§. 55.

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Nach geschehener Ehescheidung stehet beyden Theilen frey, sich wieder zu verehelichen. Doch in Fällen, wo das von einem Ehegatten wider den andern begangene Verbrechen zur Ehescheidung Anlaß gegeben hat, soll der Verbrecher niemahls befugt seyn, denjenigen zu heirathen, der in diesem Verbrechen gerichtlich erwiesener Maßen mit ihm verfangen gewesen.

§. 56.

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Nicht minder ist bey der Verehelichung eines geschiedenen Weibes allezeit die gehörige Zeit abzuwarten, damit wegen eines aus der vorigen Ehe etwa empfangenen Kindes kein Irrthum oder Zweifel entstehen könne.

§. 57.

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Wenn geschiedene Eheleute nach einiger Zeit sich eines andern besinnen, und ihr getrenntes Eheband wieder vereinbaren wollen, so soll dieses nicht anders geschehen können, als daß sie ihre neue Ehe mit abermahliger [203] Beobachtung alles desjenigen schließen, was zur ersten Eingehung jeder Ehe erfordert wird.
Zum Beschlusse werden hiermit in Ehesachen alle über diesen Gegenstand bisher bestandenen Gesetze, für die künftigen Fälle gänzlich aufgehoben, und befohlen, daß bey der Entscheidung in Eheangelegenheiten einzig und allein diese Verordnung zur Richtschnur genommen, und beobachtet werde.