ADB:Coxcyen, Michael van (1499 bis 1592)
Margaretha von Parma in Ansehen gestanden haben soll, wird ihm vermuthlich die Anfangsgründe der edlen „Schilderkunst“ beigebracht haben, später jedoch kam Michael zu dem berühmten Hofmaler der Statthalterin Barend van Orley in die Lehre. Damals war es bekanntlich Sitte geworden, daß die niederländischen Maler, durch die Zauberkraft der groß entwickelten italienischen Kunst gefesselt, nach Italien zogen, um sich namentlich an der römischen und venetianischen Schule zu begeistern. Auch unsern C. zog es nach Italien, und er verweilte lange Zeit daselbst, vornehmlich in Rom, wo der Maler und Kunsthistoriker Vasari ihn im J. 1532 kennen lernte. Daselbst studirte und zeichnete er fleißig nach Raphael, dessen Einfluß denn auch in Coxcyen’s eigenen Gemälden sehr erkennbar ist. Vasari schreibt ihm auch die 32 Zeichnungen zu der Fabel der Psyche zu, die Agostino Veneziano gestochen hat; die ursprünglichen Motive gehen auf Raphael zurück. Von seinen Malereien zu Rom nennt K. van Mander eine Auferstehung Christi in der alten Kirche San Pietro zu Rom [538] (Fresco), ferner soll er nach Karel’s Angabe in S. Maria della Pace u. a. O. gemalt haben. Von seinen Wandmalereien in der Kirche dell’ Anima werden wir später reden. Im Stiche erhalten (oder vielleicht blos als Vorlage für denselben entstanden) ist Michaels Bekehrung Pauli, welche den Vorgang einfach und klar gibt und von einem tüchtigen Schüler oder Nachahmer Marcantonio Raimondi’s in Kupfer gebracht wurde; in den späteren Drucken trägt sie die Jahreszahl 1539. In dem gleichen Jahre verheirathete er sich in Italien mit Ida van Hasselt; die Neuvermählten begaben sich sodann nach Mecheln, wo Michael sich am 11. November 1539 in die St. Lucasgilde einschreiben ließ. Ida gebar ihm 1540 einen Sohn Raphael. Nach dem Tode derselben im J. 1569 ging der Künstler mit Johanna van Schelle eine neue Ehe ein; diese gebar ihm drei Kinder: Michael, Konrad und Anna und überlebte ihn und heirathete später Philipp van Roy.
Coxcyen: Michael van C. (Cocxcyen, Cocxie, Coxie), Maler, geb. 1499 zu Mecheln als Sohn eines gleichnamigen Malers. Der letztere, der am Hof derC. lebte auf großem Fuße als Grandseigneur; er bewohnte zu Mecheln den sogenannten Brul und besaß eine schöne Sammlung von Gemälden der besten Meister seiner Zeit. Der kunstsinnige König Philipp II. von Spanien bestellte bei ihm eine Copie des berühmten Altarwerkes, der Anbetung des Lammes, der Gebrüder van Eyck zu Gent und C. entledigte sich dieser Aufgabe zu solcher Zufriedenheit, daß Don Felibe ihm 2000 Ducaten – eine riesige Summe für jene Zeit, und auch jetzt noch nicht zu verachten – schenkte und ihn zu seinem Hofmaler ernannte. Diese Copie kam nach Madrid; der französische General Belliard jedoch annectirte sie zur Zeit der Napoleonischen Invasion, und heutzutage befinden sich die einzelnen Theile in Berlin (Gottvater, Anbetung des Lammes), München (Maria und Johannes der Täufer) und Gent. Diese Copie ist übrigens mit großem Verständnisse durchgeführt, wenn auch die Pinselbehandlung, wie es nun einmal in der Zeit lag, eine breitere ist, als bei den van Eyck. Besonders gelungen sind die großen Einzelfiguren, weniger befriedigen die kleinen Tafeln. Auch sonst war C. für Philipp II. an mehreren großen Arbeiten thätig. Franz I. von Frankreich wünschte ihn an seinen Hof zu ziehen, C. jedoch blieb seinem Vaterlande treu. Van Mander schildert ihn als schlagfertig im Reden und Antworten, ferner schreibt er ihm die Eigenheit zu, die Mauern überall mit Kohle zu bestreichen, er machte wol Zeichnungen auf die Wände. Der Künstler wahrte sich bis in sein hohes Alter eine beneidenswerthe Frische; noch 1592, also in seinem 92–93. Jahre war er im Antwerpener Rathhaus mit Wandmalereien beschäftigt. Ein unglücklicher Fall von der Treppe desselben jedoch beschädigte ihn tödtlich, man verbrachte ihn nach Mecheln und dort verschied er am 5. März 1592.
C. stand, wie erwähnt, unter dem Einfluß der römischen, speciell Raphaelischen Schule, und man wirft ihm sogar Unselbständigkeit gegenüber derselben vor – er pflegte eben Motive zu entlehnen. Jedoch konnte er in seiner Formbildung und seinem Colorit den Flandrer nicht ganz verleugnen. Er muß übrigens den niederländischen Manieristen zugezählt werden, seine Formen sind gespreizt und leer, seine Muskelangabe etwas hart und gedunsen. Trotzdem ist er keiner der ärgsten jener im ganzen unerquicklichen Schaar – eine gewisse Mäßigung und sein Naturgefühl bewahrte ihn vor der ärgsten Ausschweifung derselben. Der Name eines vlämischen Raphael, den man ihm zu Theil werden ließ, ist natürlich nur sehr cum grano salis zu verstehen. Viele seiner Werke hat der Bildersturm vernichtet, der bekanntlich im J. 1581 in den Niederlanden furchtbar wüthete. Zu Rom in der Kirche dell’ Anima sieht man Fresken von ihm, die jedoch nach Waagen unbedeutend und sehr manierirt sind. Im Antwerpener Museum zeigt man das Martyrium des heil. Sebastian (bezeichnet: Michiel D. Coxcyen, aetatis svae 76 fe. 1575). Es ist der Theil eines [539] Altars aus dem Dom zu U. L. Frau, wozu noch Bilder von Ambrosius Francken und Gillis Mostaert gehörten. Ferner befinden sich in genanntem Museum zwei Flügelbilder eines größern Altarwerkes; die Vorderseiten stellen Scenen aus dem Martyrium des heil. Georg dar, die eine Rückseite das Porträt des Malers selbst, stehend, in ganzer Figur, als St. Georg, die andere die heil. Margaretha knieend. Es läßt sich wol vermuthen, daß dies das Porträt einer seiner Frauen vorstellt, und zwar nach dem Alter zu schließen, der Ida van Hasselt. Zuletzt bewahrt man noch im Museum daselbst den Triumph Christi. Die Brüsseler k. Galerie besitzt ein Triptychon mit dem heil. Abendmahl, ein anderes Triptychon mit dem Tode der heil. Jungfrau, ferner die Dornenkrönung. Im Dom zu Mecheln ist das Martyrium des hl. Sebastian (bezeichnet: Michael D. Coxcien pictor regivs fecit anno 1587. Aetatis svae 88) Und ein anderes Martyrium (bez.: 1588 Aetatis svae 89). In Gent sind die sieben Werke der Barmherzigkeit, in Madrid der Tod der heil. Jungfrau und die heil. Cäcilia – C. bediente sich auch eines eigenthümlichen Monogrammes, wovon ich im 5. Bande der Zahn’schen Jahrbücher für Kunstwissenschaft, S. 263–266 gehandelt. – Michaels Porträt erschien in der Sammlung des H. Hondius, von S. Frisius gestochen.
Raphael van C., Sohn des vorigen, Maler, geb. 1540 zu Mecheln. Er genoß den Unterricht seines Vaters. Im J. 1585 trat er in die St. Lukasgilde von Antwerpen. Er verheirathete sich daselbst am 20. Januar des gleichen Jahres mit Anna Jonghelinck. Später ließ er sich zu Brüssel nieder, wo er in hohem Alter starb. G. de Crayer ist sein Schüler. Er war ein recht verdienstvoller Maler.
Michael van C., der Jüngere, Sohn des alten Michael aus zweiter Ehe, wurde ebenfalls Maler. Er ließ sich in Antwerpen nieder und erscheint daselbst schon im J. 1585–86. Die Kirche von U. L. Frau zu Mecheln bewahrt von ihm eine Versuchung des heil. Antonius, im Jahre 1607 gemalt.